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3. Newsletter
Gender Mainstreaming und Qualität im Vergaberecht

Im letzten Newsletter haben wir bereits die Besonderheiten des GM-Marktes thematisiert, der sich in den letzten Jahren zu einem großen und dynamischen Markt für Angebot und Nachfrage von Beratungs- und Trainingsleistungen rund um das Thema Gender Mainstreaming entwickelt hat. Der Austausch auf diesem relativ jungen Markt wird vorwiegend durch das Vergaberecht, Förderungen und direkte Beauftragung reguliert. Als AkteurInnen treten vor allem NPOs und PPOs als AnbieterInnen sowie öffentliche Stellen und Unternehmen als NachfragerInnen auf.

Nachdem sich die Entwicklungspartnerschaft im ersten Projektjahr bereits ausführlich mit der Rolle der AnbieterInnen auf dem GM-Markt auseinandergesetzt hat, wurde im Rahmen der 5. Plattform in Klagenfurt (12.-13. September 2006) die Seite der NachfragerInnen fokussiert. Im Speziellen wurde der Frage nachgegangen, wie Gender Mainstreaming und Qualitätskriterien in die Vergabe einfließen können.

Aus gegebenem Anlass - in Österreich ist seit Februar 2006 ein neues Bundesvergabegesetz in Kraft - wurde auf der Klagenfurter Plattform das Vergaberecht 2006 hinsichtlich der Möglichkeiten einer qualitativ hochwertigen Anwendung von Gender Mainstreaming diskutiert.

RA Mag.a Astrid Edlinger (Siemer - Siegl - Füreder & Partner, Rechtsanwälte - www.ra-siefur.at) stellte in einem öffentlichen Vortrag die wichtigsten Neuerungen und Eckpunkte des Vergaberechts 2006 vor.

Ein zentrales Ziel des neuen Vergaberechts besteht darin, die Nachfragemacht bzw. das Nachfragemonopol der öffentlichen AuftraggeberInnen und SektorenauftraggeberInnen gesetzlich einzudämmen. Mit dem neuen Gesetz soll vor allem auch gewährleistet werden, dass die Vergabe nur an „befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer“ (§ 19 Abs. 1) erfolgt.

Zudem gibt es erhebliche Erleichterungen bei der Vergabe so genannter nicht-prioritärer Dienstleistungen (z.B. Rechtsberatung, Unterrichtswesen, Gesundheits- und Sozialwesen) und bei kleineren Aufträgen - so ist eine Direktvergabe bis 40.000 Euro und nicht wie bisher nur bis 20.000 Euro möglich.

Insgesamt bieten auch neu eingeführte Vergabeverfahrensarten (dynamisches Beschaffungssystem, wettbewerblicher Dialog) interessante Chancen für alle an der Vergabe Beteiligten. Außerdem gibt es einen deutlichen Bedeutungszuwachs für die Rahmenvereinbarung.

Das Vergabegesetz 2006 bietet folgende Möglichkeiten der Qualitätssicherung

  • Festlegung in der Leistungsbeschreibung
    Mittels eindeutiger, neutraler und vollständiger Leistungsbeschreibung
  • Festlegung im Rahmen der Eignungs- und/oder AuswahlkriterienVon den AuftraggeberInnen festgelegte, nicht diskriminierende, auf den Leistungsinhalt abgestimmte Mindestanforderungen an die BieterInnen („K.O.-Kriterien“), die zur Beurteilung der Qualität von BewerberInnen dienen
  • Wahl des Bestbieterprinzips und entsprechende Festlegung von Zuschlagskriterien
    • Bestbieterprinzip: Wahl des wirtschaftlich und technisch günstigsten Angebots. Möglicher Zuschlag auf teuere, aber qualitativ hochwertigere Leistung.
    • Zuschlagskriterien: Mit dem Auftrag zusammenhängende Kriterien
  • Vertragliche Gestaltung
    Genaue Vereinbarung von Qualitäts- und Leistungsstandards sowie von Kontroll- und Überwachungsrechten

Gender Mainstreaming ist im Bundesvergabegesetz selbst kein Thema. In § 19 Abs 6 findet sich jedoch eine auf frauenpolitische Belange anwendbare Passage, auf die bei der Beschaffung von Leistungen im Zuge von GM-Projekten Bezug genommen werden kann:

“Im Vergabeverfahren kann auf die Beschäftigung von Frauen […] Bedacht genommen werden. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung derartiger Aspekte bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien oder durch die Festlegung von Bedingungen im Leistungsvertrag erfolgen.”

Das bedeutet, dass insbesondere bei der Leistungsbeschreibung, bei der Festlegung von geeigneten Eignungs-, Auswahl- und Zuschlagskriterien Gender Mainstreaming bzw. Frauenförderung in die Vergabe einfließen kann. Somit kann Gender Mainstreaming im Vergaberecht, wie Astrid Edlinger in ihrem Vortrag ausführte, in zweierlei Hinsicht relevant werden. Entweder als Instrumentarium zur Förderung von Gender Mainstreaming oder durch die Vergabe von Leistungen im Rahmen von Gender Mainstreaming-Projekten.

Es zeigt sich also, dass AuftraggeberInnen in der Vergabe über ein gewisses Gestaltungspotential verfügen. Sie können Kriterien vorgeben, die von den BieterInnen einzuhalten und umzusetzen sind.

So können sie auch entscheiden, welche Rolle der Preis bei der Projektauswahl spielt (Bestbieter- versus Billigstbieter-Prinzip). Kriterien, die Frauenförderung, Chancengleichheit oder die Strategie des Gender Mainstreamens verfolgen, sind also mit dem neuen Vergaberecht durchaus vereinbar, wenn auch nicht verpflichtend vorgesehen. Dem Gestaltungswillen der AuftraggeberInnen kommt bei Vergabeprozessen daher große Bedeutung zu.

Die inhaltliche Leitung der 5. Plattform lag bei:
Tom Schmid – SFS - Sozialkökonomische Forschungsstelle
Lucie Prochazkova – SFS - Sozialkökonomische Forschungsstelle
Sonja Lengauer – SFS - Sozialkökonomische Forschungsstelle

Unter Mitarbeit von:
Ursula Adam – Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds waff
Natalie Biermann – Land Kärnten
Helga Grafschafter – Frauen- und Gleichbehandlungsbeauftragte des Landes Kärnten
Josef Kropiunik – Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds waff
Andrea Leitner – IHS
Sybille Pirklbauer – Arbeiterkammer Wien
Herwig Seiser – Referat für Frauen und Gleichbehandlung des Landes Kärnten
Angela Wroblewski – IHS

 

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